14. Juli
Aus dem Französischen von Nicola Denis
Zwei Tage vor dem 14. Juli 1789 schließen sich die Gardes françaises den Aufständischen an und die Pariser Zollhäuser gehen in Flammen auf. Währenddessen reitet der König von Frankreich in Versailles zur Jagd und die Königin spielt des Nachmittags zur Zerstreuung ein wenig Billard. Es ist die pure Pracht und das bodenlose Elend und das stete Aufeinanderprallen dieser beiden Welten, das die Massen mobilisiert und ihre ungestümen Kräfte entfesselt. In Vuillards neuem Werk ersteht die Französischen Revolution wieder auf, er inszeniert sie geradezu, ohne ihrer Geschichte auch nur im Geringsten die Vielschichtigkeit zu nehmen.
Der Angriff beginnt überall und nirgends. Am Morgen des 14. Juli stürmt die Menge erst das Hôtel des Invalides, dann belagert ganz Paris, eine »Masse aus Armen und Beinen, ein Körper voller Augen und Münder«, die Bastille. Vuillard macht die Menschen in dieser Menge sichtbar, die Näherinnen, Stellmacher, Hafenarbeiter, Schleiferinnen, die Arbeitslosen und die Soldaten, namenlose und namentlich Erwähnte. Er erweckt Szenen zum Leben: Der Schotter brennt in der Sonne, der Himmel ist weiß, als sich François Rousseau das Gewehr des gerade neben ihm tot zu Boden gestürzten Garde français schnappt, um vorwärtszustürmen. Wenig später wird auch er, von einer Bleikugel getroffen, sterben.
Währenddessen betritt Poupart de Beaubourg als Teil der Gesandtschaft das Hôtel de Ville, um mit fünf anderen Abgesandten die aufgebrachte Menschenmenge durch geschicktes Verhandeln zu beruhigen. Jeder weiß heute, dass es der Abordnung nicht gelingen wird. Was aber nicht jeder weiß, ist: Eben jener Dragoner-Hauptmann und Träger des Croix de Saint-Philippe, Poupart de Beaubourg, der an diesem Tag seine Orden an der feschen grünen Uniform ausführt, wird wenig später wegen Assignatenhandels verhaftet und dann später noch einmal wegen Plünderung, Veruntreuung und wegen des Hortens von Gütern beim Sturm auf die Bastille.
Mit solchen Hintergrundinformationen liefert Vuillard den gesellschaftlichen Rahmen, der eine Einordnung der Szenen in ihren historischen Kontext möglicht macht. Und dann: diese Sprache – so pointiert, so präzise, so eindringlich: ein Genuss. Lesen, unbedingt lesen!
Matthes & Seitz
Hardcover: 136 Seiten, gebunden, ca. € 18,-
E-Book: ca. € 13,99
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Biographie